Herzlichen Glückwunsch zu diesem wichtigen Schritt! Die Abkehr von einer reinen ROAS-Steuerung hin zur Messung des inkrementellen Zusatzumsatzes ist der Schlüssel zu einer wirklich effizienten Budgetallokation im Online-Marketing.
Abkehr von einer reinen ROAS-Steuerung
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Das Dilemma der ROAS-Optimierung
- Die Grenzen des ROAS-Modells
- Das Problem der Last-Click-Attribution
- Der Trugschluss des Basisumsatzes
- Der neue Standard: Inkrementeller Zusatzumsatz
- Was bedeutet Inkrementalität?
- Der inkrementelle Return on Ad Spend (iROAS)
- Die „Heiligen Grale“ der Marketingsteuerung
- Attribution 2.0: Vom „Wer war’s?“ zum „Was hat’s gebracht?“
- Incrementality Tests: Der Beweis für Kausalität
- Praktische Umsetzung: Der Weg zur inkrementellen Steuerung
- Fazit: Für ein nachhaltig profitables Wachstum
1. Einleitung: Das Dilemma der ROAS-Optimierung
Die ROAS-Steuerung (Return on Advertising Spend) war lange Zeit der Dreh- und Angelpunkt im Performance Marketing. Einfach in der Berechnung und klar in der Aussage („Für 1€ Investment erhalte ich X € Umsatz“), lieferte sie die Basis für die Budgetallokation. Doch die moderne, komplexe Customer Journey, datenschutzrechtliche Einschränkungen und der Wunsch nach echtem, zusätzlichem Wachstum stellen diese traditionelle Methode zunehmend in Frage.
Das größte Problem: Die strikte ROAS-Optimierung neigt dazu, Budgets in Kanäle und Kampagnen zu lenken, die zwar eine hohe Performance ausweisen, aber möglicherweise nur Umsatz abschöpfen, der ohnehin zustande gekommen wäre (sogenannter Basisumsatz). Die Folge: Hohe ROAS-Werte bei gleichzeitig stagnierendem oder nur mäßigem Gesamtwachstum.
2. Die Grenzen des ROAS-Modells
Das Problem der Last-Click-Attribution
In vielen Set-ups basiert der gemessene ROAS auf einer simplen Last-Click-Attribution. Das bedeutet, der gesamte Umsatz wird dem letzten Berührungspunkt vor der Conversion zugeschrieben.
- Verzerrung: Kanäle am Ende des Funnels (wie Brand Search oder Retargeting) werden massiv überbewertet, da sie oft nur den letzten Klick einer bereits getroffenen Kaufentscheidung erhalten.
- Fehlende Synergien: Kanäle am Beginn des Funnels (wie Display oder Social Awareness-Kampagnen), die den Kunden erst auf die Marke aufmerksam gemacht haben, werden als „schlecht performend“ eingestuft und unterfinanziert.
Der Trugschluss des Basisumsatzes
Die wichtigste Erkenntnis der fortgeschrittenen Marketingsteuerung ist die Unterscheidung zwischen korreliertem und kausalem Umsatz.
📝 Wichtiger Unterschied:
ROAS misst die Korrelation (Umsatz, der nach einer Ad-Interaktion stattfand).
Inkrementalität misst die Kausalität (Umsatz, der nur wegen der Ad-Interaktion stattfand).
Wenn eine Kampagne einen hohen ROAS von 10:1 erzielt, diese aber fast ausschließlich Kunden anspricht, die ohnehin gekauft hätten, ist der zusätzliche (inkrementelle) Umsatz dieser Kampagne fast null. Das Budget wird somit ineffizient eingesetzt, um eine Kaufhandlung zu belohnen, die auch ohne Werbung stattgefunden hätte.
3. Der neue Standard: Inkrementeller Zusatzumsatz
Die Lösung liegt in der inkrementellen Steuerung. Sie beantwortet die zentrale Frage: „Wie viel Umsatz haben wir mehr gemacht, als wir es ohne diese spezifische Marketingmaßnahme getan hätten?“
Was bedeutet Inkrementalität?
Inkrementeller Zusatzumsatz (Incremental Sales) ist der Netto-Mehrumsatz, der direkt und kausal auf eine bestimmte Marketingaktivität (Kanal, Kampagne, Creative) zurückzuführen ist. Es ist der Umsatz, der über den organischen Umsatz bzw. den Basisumsatz hinausgeht.
Der inkrementelle Return on Ad Spend (iROAS)
Der iROAS ersetzt den klassischen ROAS. Er berechnet sich aus dem Verhältnis des inkrementellen Zusatzumsatzes zu den Werbekosten und ist die wahre Kennzahl für die Effizienz Ihrer Ausgaben:
$$\text{iROAS} = \frac{\text{Inkrementeller Zusatzumsatz}}{\text{Werbekosten}}$$
Ein iROAS von 4 bedeutet, dass für jeden investierten Euro vier Euro zusätzlicher Umsatz generiert wurden, der das Unternehmen wachsen lässt. Ein hoher klassischer ROAS bei niedrigem iROAS ist ein klares Zeichen für ineffiziente Ausgaben.
4. Die „Heiligen Grale“ der Marketingsteuerung
Um den inkrementellen Zusatzumsatz zuverlässig messen und steuern zu können, sind zwei komplementäre Methoden unverzichtbar geworden:
Attribution 2.0: Vom „Wer war’s?“ zum „Was hat’s gebracht?“
Moderne algorithmische Attributionsmodelle oder Data-Driven Attribution (DDA) sind die Weiterentwicklung des Last-Click-Ansatzes. Sie nutzen Machine Learning, um jedem Touchpoint den wahrscheinlichen inkrementellen Beitrag zur Conversion zuzuordnen.
- Sie erkennen Synergien zwischen Kanälen.
- Sie weisen nicht mehr den gesamten Wert einem einzigen Klick zu.
Die Attribution liefert eine kontinuierliche Schätzung der inkrementellen Wirkung und ist essenziell für die tägliche, automatisierte Gebotssteuerung und Budgetverteilung innerhalb der Werbeplattformen.
Incrementality Tests: Der Beweis für Kausalität
Inkrementalitätstests (Lift-Tests) sind der Goldstandard, um die Kausalität zweifelsfrei nachzuweisen. Sie funktionieren nach dem wissenschaftlichen Prinzip einer Kontrollgruppe:
- Testgruppe: Sieht die Werbekampagne.
- Kontrollgruppe: Sieht die Werbekampagne nicht (oder eine Baseline-Kampagne).
- Messung: Der Umsatzunterschied zwischen Test- und Kontrollgruppe ist der inkrementelle Lift der Kampagne.
Gängige Testmethoden sind Geo-Tests (Werbung in Region A vs. Kontroll-Region B) oder User-Level-Tests (A/B-Split auf Nutzerebene innerhalb einer Plattform). Diese Tests sind aufwändiger, liefern aber den grundlegenden Beweis dafür, ob ein Kanal oder eine Taktik überhaupt zusätzliches Wachstum generiert. Sie sind das Fundament für die strategische Budgetplanung.
5. Praktische Umsetzung: Der Weg zur inkrementellen Steuerung
Die Umstellung erfordert eine Verlagerung des Fokus und den Aufbau neuer Capabilities:
| Klassische ROAS-Steuerung | Neue Inkrementelle Steuerung |
| Ziel: Maximierung des gemessenen ROAS | Ziel: Maximierung des inkrementellen Zusatzumsatzes (iROAS) |
| Datenbasis: Last-Click-Attribution | Datenbasis: DDA und Erkenntnisse aus Lift-Tests |
| Steuerung: Kanalbudgets auf Basis des ausgewiesenen ROAS optimieren | Steuerung: Budgets dort einsetzen, wo kausaler Lift nachgewiesen ist |
| Herausforderung: Gefahr der Kannibalisierung des Basisumsatzes | Herausforderung: Aufwändigere Messung, erfordert Test-Kultur |
6. Fazit: Für ein nachhaltig profitables Wachstum
Die strikte Steuerung nach dem klassischen ROAS gehört ins Marketing-Museum. In einer datenschutzfreundlicheren Welt, in der die direkte Verfolgung von Conversions schwieriger wird, bieten Attribution auf Basis von Kausalität und Inkrementalitätstests die dringend benötigte Klarheit.
Indem Sie Ihre Budgets auf den inkrementellen Zusatzumsatz ausrichten, stellen Sie sicher, dass jeder eingesetzte Euro auch tatsächlich zum nachhaltigen Wachstum Ihres Unternehmens beiträgt. Der Weg ist anspruchsvoll, aber er ist der einzig richtige, um Ihr Online-Marketing wirklich profitabel und zukunftssicher zu gestalten